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Es war mir so bestimmt …

Wenn ein Turner erfolgreich ist, erzählt er, dass er schon als Kleinkind gern am Klettergerüst hing. Wenn eine Autorin interviewt wird, spricht sie davon, dass sie es liebte, wenn ihre Mama ihr vorlas. Als ob nicht alle Kinder gerne Geschichten hören oder auf dem Spielplatz klettern. Und ebenso wahrscheinlich lieben alle Kinder Erzählungen von Drachen und Rittern, von großen Schätzen und Piraten, von Raumfahrern und ihren Entdeckungen, von Helden und ihren Abenteuern.

Auch ich lauschte gespannt, wenn auf Wanderungen ein Bekannter vom Ritter Kunibert erzählte, liebte es, wenn mein Vater meinem Bruder und mir Karl May vorlas oder Jack London. Mit 11 bekam ich von meinem Bruder die erste DSA-Basisbox. Ihn konnte das nicht fesseln, aber mir hat es eine neue Welt geschenkt, aus der ich bis heute nicht wieder vollständig erwacht bin. Und diese Welt wuchs stetig an. Nur wenige Jahre später begann ich die Chronik der Drachenlanze zu lesen, und von meinem Vater bekam ich danach den Herrn der Ringe geschenkt. Neben der Liebe zu Geschichten habe ich von ihm auch die Freude am Spiel geerbt, so dass Brett- und Kartenspiele mich schon begleiten, solange ich denken kann. 

Von meiner Mutter bekam ich dagegen das handwerkliche Geschick und die sichere Überzeugung, „das kann ich doch selbst“. Heute nenne ich es den Fluch des Bastlers, denn dieser einfache Satz „das kann ich doch (auch) selbst“ hat mich schon etliche Stunden Lebenszeit und viel, viel Geld gekostet. Eine schöne Haarspange, die jedoch nicht ganz das Motiv trug, das ich mir wünschte? Gewebte Borten für die LARP-Gewandung, die nicht ganz die richtige Farbe hatten? Immer wieder haben mich solche Gelegenheiten dazu geführt, dass ich mich in etwas Neues eingearbeitet habe, jede Menge Material anschaffte und bastelte, bis ich endlich den Grad an Perfektion erreicht hatte, den ich mir vorstellte. Wenn die Haarspange dann fertig war, die Borte gewebt, dann war natürlich noch jede Menge Material übrig. Und genauso entstand schließlich mein Shop: durch die Suche nach einem Würfelbecher mit einem passenden Motiv für meinen Freund. Ich hatte schon vorher Dinge für den Verkauf hergestellt, kleine Hörner, die man umbinden kann. Als gelernte Maskenbildnerin hatte ich viele Ideen für Liverollenspiel-Artikel, aber die Umsetzung war nicht so einfach, wie ich mir das wünschte. Und ein Shop nur mit Hörnchen war nie das, was mir vorschwebte – und unter uns: auch nichts was sich lohnt.

Nach der Herstellung meines ersten Würfelbechers (mit Deadlands-Schädel, den ich mit einem Lötgerät per Hand ins Leder zeichnete) schien auch diese Arbeit viel zu aufwendig, um sich geschäftlich tragen zu können. Dann entdeckte ich die wunderbare Welt der Lasergravur, fand eine erschwingliche Stanze … und so formte sich langsam ein tragfähiges Konzept. Auch wenn ich natürlich nie aufgehört habe, neue Dinge auszuprobieren und zu finden.

Und immer wieder hallt in mir der Satz: Das kann ich doch selbst. Und so gleiche ich meine alltägliche Kopf-Arbeit mit handwerklichen Tätigkeiten aus; meine alltägliche Bindung an Fakten (ich arbeite als Verifikationsredakteurin) mit Kreativität und Fantasie. Und kann mit einiger Sicherheit dem gängigen Narrativ folgen: Dieser Shop liegt mir quasi in den Genen.

Danke Mama und Papa.